|
Dr. Stephan Janz
Highland Cattle gelten als spätreif, Zwillinge sollen sich verzögert entwickeln und gelten hinsichtlich ihrer Fruchtbarkeit als problematisch. Dass man sich auf Beides nicht verlassen soll, zeigt folgende Begebenheit: Eine große sechsjährige Kuh hat Ende September 1989 problemlos weibliche Zwillingskälber geboren und mit Zufütterung gut über den folgenden Winter gebracht. Um die Kuh wieder in den Frühjahrskälberrhythmus der Herde zu bringen, wurde der Deckbulle erst im Juni/Juli des nächsten Jahres zugelassen. Die Kälber waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgesetzt, das Risiko, dass sie gedeckt werden könnten, wurde nach Umfragen bei verschiedenen erfahreneren Züchtern als minimal eingeschätzt. Die Rasse gilt als spätreif, und Zwillinge und im Herbst Geborene haben ohnedies ein Entwicklungsdefizit, dachte man. Neun Monate später kalbte eine der beiden Färsen bei dem unangenehm überraschten neuen Besitzer ab. Die Geburt verlief problemlos, das Kalb war gesund, nur etwas klein.
Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Reifeentwicklung eines Rindes in höherem Maße als vom Lebensalter von der Gewichtsentwicklung und damit entscheidend von den Aufzuchtbedingungen abhängt. Die den Highland Cattle als Rassemerkmal zugeschriebene Spätreife dürfte zu einem nicht unwesentlichen Teil Folge der rauen Bedingungen im Ursprungsland sein. Ein im Februar geborenes Kalb wird bei schlechter werdender Weidequalität und kürzer und kälter werdenden Tagen kurz vor dem Absetzen im Oktober/November von dem Deckbullen kaum gefährdet werden. Umgekehrt in unserem Fall: die Kuh hatte sehr viel Milch, der Winter war mild, der Grasaufwuchs begann schon Anfang März, und die Weiden sind ausgesprochen üppig - vom reinen Alter abgesehen also optimale Fruchtbarkeitsbedingungen, die das Missgeschick rückblickend erklären.
Erstveröffentlichung: Highland Cattle Journal, 3/1998, S.50
|
|