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One Man´s Opinion

Dr. Stephan Janz

An Tierschauen für Highland Cattle entzündet sich viel Kritik - grundsätzliche und weniger grundsätzliche. Einer der häufigsten Einwände, der durchaus nicht grundlos daherkommt, betrifft das Ergebnis des Richtwettbewerbes: "Das Siegertier ist gar nicht das beste Tier!" Ein Einwand, der berechtigt sein mag und doch zugleich ein grundsätzliches Missverständnis offenbart. Hierzu einige Gedanken:

Es ist ein guter Brauch in Großbritannien, dass der Richter einer Schau das Schaugelände erst kurz vor Beginn des Richtwettbewerbs betritt und dort von "seinem" Stewart in Empfang genommen wird. Kein Richter wird sich vor der Schau unter die Schaubeschicker mischen oder einen Blick auf die angebundenen Tiere werfen. Auch umgekehrt vermeiden es die Aussteller, dem Richter über den Weg zu laufen. Man kennt sich im allgemeinen, gleichwohl: Für Wiedersehensfreude und herzliche Begrüßung ist nach der Schau Zeit und Gelegenheit.

Kein Richter in Großbritannien hat vor oder während der Schau einen Katalog. Es ist Sache der Schauleitung, die Klassen zusammenzustellen und es ist Sache des Stewarts, die Tiere im Ring in der Reihenfolge ihres Alters laufen zu lassen. Gerichtet werden sollen die Tiere, wie sie sich am Tag der Schau präsentieren bzw. präsentiert werden, ohne Ansehen des Züchters oder der Abstammung, ohne Kenntnis von Erstkalbealter, Zwischenkalbezeiten, Gewichtszunahmen und Körindizes, ohne Kenntnis früherer Schauerfolge und all der anderen interessanten Details, die ein Katalog enthalten mag.

Man tut gut daran, dies nicht als wunderliches angelsächsisches Brauchtum zu belächeln. Zunächst einmal ist dies ein formaler Verhaltenskodex, eine Geste der Fairness und der Unvoreingenommenheit und als solche wird sie von den Ausstellern und Richtern gleichermaßen sehr ernst genommen. Gerade weil man sich gegenseitig gut kennt, gerade weil man häufig auch die Tiere noch von der letzten Schau kennt, signalisiert der Richter so seine Bereitschaft, seinen Vorsatz, von allem Hintergrundwissen abzusehen und auch ohne Ansehen der Personen zu richten.

Der sonderbare Brauch, der im VDHC vor einigen Jahren Einzug gehalten hat, den schottischen Richter der Bundesrasseschau bis zum letzten Moment streng geheim zu halten aus Angst, es könne im Vorfeld der Schau zu irgendwelchen Kungeleien kommen, ist vor diesem Hintergrund als eine ganz grobe Ungezogenheit dem Gast aus Schottland gegenüber zu werten.

Es ist aber mehr, als diese Geste: Der Richter, der diesen ungeschriebenen Regeln folgt, bringt damit zum Ausdruck, dass er weiß, was für eine durchaus beschränkte Aufgabe er an diesem Tag hat. Er soll darüber befinden, welches Tier heute seiner Ansicht nach dem idealen Rassestandard am nächsten kommt. Was zählt, ist die Tagesform des Tieres und die Ansichten, die Prioritäten, der Geschmack des Richters. Es ist dies ein Schönheitswettbewerb, bei dem zugleich einige sichtbare/tastbare funktionelle Gegebenheiten Berücksichtigung finden. Das Ergebnis des Richtens ist nicht eine wie auch immer geartete Zuchtwertschätzung. Das Urteil heißt nicht: "Dies ist das beste, wertvollste Zuchttier." Der Richter stellt keine züchterische Prognose, sondern er bewertet die exterieurmäßige Tagesform. Dies ist das subjektive Urteil eines Fachmannes - "One man's opinion" - und durch den Verzicht auf alle zusätzlichen Informationen über die aufgetriebenen Tiere stellt der Richter klar, dass er sich dieser Beschränktheit seines Urteils bewusst ist, dass er sie akzeptiert und dass er nicht versuchen wird, sich darum herum zu mogeln.

Sicher sind das Erscheinungsbild eines Tieres, die strukturelle Korrektheit, das Gangbild, die Ausstrahlung, all das, was bei einer Schau erfasst wird, Kriterien, die in eine züchterische Gesamtbeurteilung mit einfließen. Es gibt aber Kriterien, die bei einem Richtwettbewerb nicht berücksichtigt werden können und letztlich gilt: Erst die Nachzucht beweist die Qualität eines Zuchttieres. Aus so mancher Herde, die mit viel Geld systematisch aus Schausiegern aufgebaut wurde, ist nie ein Schausieger hervorgegangen und jeder, der einige Jahre züchterische Erfahrung hat, weiß, dass es häufig eine unscheinbare Kuh ist, die regelmäßig mit verschiedenen Bullen unkompliziert die vitalsten und wüchsigsten Kälber bringt.

Es ist wichtig und wünschenswert, dass auch die deutschen Richter unserer Schauen den Unterschied zwischen einem Richtwettbewerb und einer Zuchtwertschätzung beherzigen, anstatt den Versuch zu machen, durch eifriges Blättern im Katalog Zuflucht zu - wieder willkürlich herausgepickten -Hilfskriterien zu nehmen. Und es ist wichtig und wünschenswert, dass Schaubeschicker, Kaufinteressenten und Zuschauer dasselbe Verständnis mitbringen. Nur so sind sie davor gefeit, Schauergebnisse überzubewerten - im Guten, wie im Schlechten; hinsichtlich der züchterischen, wie der finanziellen Schlüsse.

Zwei Anmerkungen zum Schluss: Ich möchte nicht missverstanden werden, als wolle ich mich gegen Schauen aussprechen. Im Gegenteil: Es gibt viele gute Gründe für Schauen, die vielleicht an anderer Stelle einmal zu erörtern wären. Es hat sich bei den meisten Highland Schauen in Deutschland eingebürgert, dass zwei Richter bestellt werden, ein deutscher und ein schottischer, und es ist zu überlegen, ob es nicht an der Zeit ist, diesen Brauch, den es sonst nirgends gibt, wieder zu verlassen. Entstanden ist diese Praxis in den Anfangsjahren der Highlandzucht in Deutschland aus der Not, dass die deutschen Herdbuchinspektoren von Highland Cattle weder etwas verstanden, noch interessiert waren, und in den Reihen der Züchter gab es kaum einen, dem man ausreichende Kompetenz zutrauen wollte. Im Zweierteam sollte, so die Idee, der deutsche Richter von seinem schottischen Kollegen lernen.
 

Man kann von einem Richter nicht erwarten, dass er es allen recht macht. Aber man kann erwarten, dass er eine klare und erkennbare Linie hat, dass die Urteile konsistent und damit nachvollziehbar sind. Ein großer Nachteil des Zweierteams ist, dass diese Klarheit oftmals verloren geht. Ich denke, es ist sinnvoll, wenn wir in diesen Jahren der fortgesetzten Isolation vom Mutterland unserer Rasse zu den größeren Schauen uns weiterhin des Urteils erfahrener schottischer Richter bedienen, die dann alleine richten sollten. Und es ist sicher sinnvoll, zu den kleineren Schauen, sofern sie nicht Herdbuchveranstaltungen sind, zunehmend nun auch Züchter aus den eigenen Reihen als (Einzel-) Richter zu bestellen und so in die Verantwortung zu nehmen.


Erstveröffentlichung: Highland Cattle Journal, 2/1997, S.60

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