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Eine Rasse - drei Verbände

Eine Notwendigkeit, ein Luxus oder ein Klotz am Bein ?

Dr. Stefan Janz

Die Highland-Züchter in Deutschland leisten sich drei Vereine mit insgesamt acht Vorsitzenden, drei Geschäftsstellen, drei Geschäftsführern, drei Kassen, zwei Internetseiten, drei E-mail-Adressen, von Beiratsmitgliedern, Landessprechern, Kassenprüfern u.a.m. nicht zu reden.

Vor einigen Jahren haben wir unter Hintanstellung einiger Eitelkeiten und einigen Besitzstanddenkens ein gemeinsames Journal ins Leben gerufen und damit dem in jeder Hinsicht unökonomischen Zustand von drei konkurrierenden Vereinsjournalen ein Ende gemacht. Es erscheint mir an der Zeit, den Luxus - wenn es denn überhaupt ein Luxus ist - von drei Verbänden für eine Rasse zu überdenken.

Ein Blick zurück in die Geschichte dieser Verbände mag hilfreich sein, um zunächst zu klären, wie es zu dieser Situation überhaupt gekommen ist.

Die Gründerjahre und der VDHC


Highland Cattle gab es vor 1978 in Deutschland nur als Merkwürdigkeiten in zoologischen Gärten zu bestaunen. Als ebensolche Exoten wurden diese Tiere auch von Schottlandreisende wahrgenommen, wenn ihnen auf den einsamen Straßen im Hochland unvermutet eine Herde dieser zottigen Ungetüme vor die Kamera lief. Dass man ein landwirtschaftliches Nutztier gesehen hatte, ist vermutlich den wenigsten aufgefallen. Mit dem Blick des Landwirts auf sich ändernde landwirtschaftliche Gegebenheiten und Chancen war es 1978 Jobst von Schack, der Highland Cattle als landwirtschaftliche Nutztiere für Grenzertragsflächen in Deutschland entdeckte, als wenig arbeitsintensive, wenig kapitalintensive Alternative für Landwirte und die neu entstehende Gattung der Nebenerwerbslandwirte. Highland Cattle wurden ein donnernder Erfolg, aber nicht als landwirtschaftliche Nutztiere. Im Gegenteil: Highlands eroberten die Herzen einer stadtflüchtigen Szene als Dekoration, als Schmusetier, als Landschaftspfleger, als Weidegenosse für die Reitpferde, als Statussymbol und Hobby. Die Herdbuchverbände haben uns, wenn überhaupt, nur missmutig, genervt und bestenfalls amüsiert zur Kenntnis genommen und der ebenfalls neu entstehenden Gattung der Hobbylandwirte zugeordnet. Zucht beschränkte sich auf Vermehrung. Selektion war ein Fremdwort, und mit Fleischvermarktung mochte sich kaum einer befassen - wir waren ja Züchter, keine Fleischproduzenten.

Dass der VDHC in dieser Zeit ziemlich planlos vor sich hin wurstelte, fiel nicht weiter auf, schwamm er doch auf der Erfolgswelle rasch wachsender Tier- und Mitgliederzahlen.

Die Konkurrenzvereine NHC und WHC


Es waren dann die neu gegründeten Verbände NHC und WHC in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, die sich bemühten, die enthusiastischen Laien und ihre Exotenvermehrung sachte in die landwirtschaftliche Nische zu leiten, in der viele von uns heute angekommen sind. Wir sind überwiegend keine Landwirte geworden, die Highlandzucht ist für die meisten von uns ein Hobby geblieben, das gelegentlich möglichst etwas abwirft und sich trägt, aber es geht nüchterner zu und professioneller als in der Anfangszeit, es werden weniger Flausen gepflegt, und allen ist klar geworden, dass auf Dauer allein eine funktionierende Nutzung unserer Tiere als Fleischlieferanten die Basis der Zucht sein kann.

Es waren die Konkurrenzvereine, die sich bemühten, Qualitätskriterien und -bewusstsein in einer boomberauschten Züchterszene einzuführen. Körveranstaltungen und Workshops mit schottischen Experten und Richtern, regionale Zucht- und Verkaufsschauen wurden damals zunächst in Niedersachsen, dann in Nordrhein-Westfalen und später - dem Beispiel folgend - auch in anderen Bundesländern eingeführt. Die Zeitläufte haben ein Übriges getan, uns von der Notwendigkeit von Selektion im Zuchttierbereich und einer funktionierenden Fleischvermarktung zu überzeugen. NHC und WHC waren zur Zeit ihrer Gründung regionale Abspaltungs- und Konkurrenzvereine, die entstehen mussten, weil der VDHC den reichlich vorhandenen Züchterenthusiasmus bürokratisch blockierte und keine Initiativen im genannten Sinne entwickelte. Der VDHC war quälend lang mit Nabelschau beschäftigt und machte keine Fortschritte in seiner Entwicklung vom Einmannbetrieb der Gründerjahre zu einem vitalen föderal organisierten Bundesverband. NHC und WHC waren aus der Frustration über diesen VDHC geboren und nicht zuletzt als Antriebsstachel für diesen müden Bundesverband gedacht, und, in der Tat, genau so haben sie gewirkt, bei allem Ärger, den diese Vereine zunächst beim VDHC und dem Rest der deutschen Züchterschaft erzeugten.

Die Verbände im Gegenwind und die Züchter auf dem Boden der Tatsachen


Der VDHC hat seine Umstrukturierung schließlich doch geschafft, rechtzeitig, um als geschlossener Verband mit dem NHC und dem WHC gemeinsam die Jahre des Abwehrkampfes gegen den Rinderwahnsinn, der Medien, Politik, Bauernverbände und Öffentlichkeit ergriffen, hatte. zu bestehen. Den Kampf gegen die BSE-Tötungsverordnung haben wir schließlich gewonnen. Die individuelle kleine Fleischvermarktung hat in diesen Jahren nicht gelitten, im Gegenteil. Aber es waren Jahre auf Tauchstation, Jahre im
Gegenwind, in denen die Verbände zur Abwehr und Schadensbegrenzung gezwungen waren und in denen von konzeptionellen Entwürfen und Zukunftsplanung keine Rede sein konnte, Jahre, die den Züchtern zugleich schmerzlich das Ende der Expansion und die Sättigung des Hobbymarktes vor Augen geführt haben.

So sieht es heute aus: Kaum Bewegung auf dem Zuchttiermarkt; leidlich bis gut funktionierende Fleischvermarktung in kleinem Rahmen; desillusionierte Züchter, die auf Stammtischen ihren Griesgram austauschen und drei Verbände, die alle einmal im Jahr eine Tierschau auf die Beine stellen und ansonsten zunehmend Probleme damit haben, aus einer demotivierten Züchterschaft wenigstens das ehrenamtliche Personal zur Organisation des Vereinslebens zu rekrutieren. Das ist ungefähr die momentane Situation, und ich möchte anregen, darüber nachzudenken, ob in dieser Situation drei Verbände weiterhin nützlich und hilfreich sind, ob sie möglicherweise ein Luxus sind, den wir uns derzeit kaum leisten können, oder ob sie sogar ein Klotz am Bein sind, ein Hindernis für jeden Versuch, diese trübe Situation wieder zu ändern.

Verschlankung ist angesagt - aber nicht genug


Die Frage - Notwendigkeit, Luxus oder Hindernis ? - ist nur vordergründig eine organisatorische Frage. Dahinter steht die Frage : "Was steht denn eigentlich heute für die Verbände auf der Tagesordnung? Was für ein Programm haben sie sich erarbeitet und bestehen diesbezüglich inhaltliche Differenzen zwischen den Verbänden?" Ich fürchte - und ich lasse mich gerne eines Besseren belehren - dass es gegenwärtig bei allen drei Verbänden nicht nur an einer aktuellen Standortbestimmung mangelt, nicht nur an Perspektive und Programm. Es scheint noch nicht einmal eine Diskussion oder Kontroverse um das Thema "Wie soll es in und mit der Highlandzucht im nächsten Jahrzehnt weitergehen?" zu geben. Eine Ausnahme ist vielleicht die Vortragsveranstaltung über Zucht auf Lebensleistung in Meschede gewesen (s. S. 40 im Highland Cattle Journal, 7/2002).

Solange es den Verbänden nicht gelingt, solange sie sich noch nicht einmal bemühen, eine aktuelle, inhaltliche, programmatische Daseinsberechtigung zu formulieren, bleibt es sicherlich eine müßige und langweilige Frage, wie viele Rasseverbände sich die Highlandzüchter in Deutschland leisten sollen.

Es muss Butter bei die Fische


Wir haben in den letzten Jahren versucht, bisher ohne großen Anklang, das Journal den Mitgliedern, vor allem aber auch den Funktionsträgern, als Forum für eine solche Diskussion nahe zulegen. Wir haben zugleich versucht, durch die Behandlung von inhaltlichen Schwerpunkten anzudeuten, was nach unserer Ansicht für einen Rasseverband auf die Tagesordnung gehört. Das ist zum Einen PR-Arbeit und Imagepflege in dem Sinn, wie es in dem Vorspann zu unserer Naturschutzserie in dieser Ausgabe angesprochen wird: das Ziel ist die Etablierung bzw. die Rückgewinnung der unmittelbaren Assoziation Highland Cattle = Natur pur und umgekehrt in möglichst vielen, auch an Kühen ganz uninteressierten Köpfen.

Wir haben alles, was ein Produkt, das im Trend liegt, braucht: Highlands sind bildschön, Highland steht für unverfälschte Natur, für guten Geschmack, für gehobene Lebensart, für gesunde Ernährung, für jede Erinnerung an Bauernhof und heile Welt. Nichts muss erfunden werden, nichts geschönt, nichts erdichtet werden. 
Aber: es muss an den Mann und an die Frau gebracht werden, richtig und clever und professionell. 

Wir haben eine Mitgliedschaft, in der sich im Unterschied zu allen anderen Rinder-Schweine-Schaf- und Hühnerrasseverbänden ein enormer einschlägiger Sachverstand ballt : erfolgreiche, gar nicht so kleine Geschäftsleute, PR- und Werbefachleute, Graphiker, Agrarökonomen und Ökospezialisten, Juristen und Journalisten. Ein Berg an Sachverstand, wenn es darum geht, ein Projekt richtig anzugehen.

Aber: dieser Sachverstand muss angezapft werden.

Und wir haben endlich wieder bessere Zeiten: Rinder sind nicht mehr automatisch wahnsinnig wenn sie einen ausländischen Namen haben, Natur und Gesundheit stehen hoch im Kurs, Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft ist Regierungsprogramm. Kein Gegenwind, keine Tauchstation mehr.

Aber: Die Gunst der Stunde will genutzt sein. Was uns wirklich fehlt ist ein Motor und ein Koordinator für eine solche Aufgabe. Eine freigesetzte Vorstandsmannschaft beispielsweise? 

Das andere große Thema, das auf unserer Tagesordnung steht, ist ein viel heißeres Eisen und muss dennoch einmal ganz, ganz vorsichtig angefasst werden. Die Frage "Wie züchten wir bessere Highland Cattle?" stellte sich vor 15 bis 20 Jahren kaum, denn wir waren glücklich über alles, was lange Haare und Hörner hatte. Im Laufe der Jahre stellten sich dann wechselnde Erkenntnisse ein: Bullen müssen gekört werden; Gewichtszunahmen sollen nicht überbewertet werden; Selektion muss auch auf der weiblichen Seite stattfinden: eine Schauprämierung ist kein Leistungskriterium; die wertvollsten Eigenschaften unserer Rasse sind nicht wägbar und messbar. Wir beobachten, wie in Schottland und England die Bullenkörung wieder abgeschafft wurde, wie in Dänemark ein extrem ausgefeiltes Beurteilungssystem für Bullen und Kühe praktiziert wird und wie Highlands in Nordamerika mit Bullenleistungsprüfungen auf Fleischleistung getrimmt werden. 

Immer wieder gibt es Ansätze zu züchterischen Kontroversen über Zuchtverbesserung und Zuchtfortschritt einerseits und Bewahrung der Rasse in ihrer ursprünglichen Unverfälschtheit andererseits. Wo solche Debatten ernsthaft geführt werden und nicht nur im Vortrag von Glaubensbekenntnissen bestehen, da führen sie zwangsläufig zu der Erkenntnis, dass wir herzlich wenig gesichertes Wissen haben, dafür umso mehr Mythen und züchterische Folklore. 

Es ist die genuine Aufgabe eines Rasseverbandes, zu beobachten, wohin sich die Zucht entwickelt, Alternativen auszuloten und langfristige Perspektiven aufzuzeigen. Ein Rasseverband kann nicht alle dazu notwendige Kompetenz und den wissenschaftlichen Sachverstand in den eigenen Reihen haben, aber er kann ein organisatorisches Bindeglied stellen, eine Schnittstelle zwischen züchterischen Beobachtungen und Fragestellungen und wissenschaftlichen Untersuchungen. 

Ein Zuchtausschuss - eine lohnende Aufgabe für eine weitere freigesetzte Vorstandsmannschaft?

Es ist absehbar, dass ich missverstanden werde, deshalb noch ein Wort zum Schluss: es liegt mir ganz und gar fern, all den ehrenamtlichen Funktionsträgern der Verbände irgendeinen Vorwurf zu machen. Sie sind nicht dafür gewählt worden, sich selber abzuschaffen, und außerdem wurde, wie oben ausgeführt, in den zurückliegenden Jahren den Verbänden ihr Arbeitsschwerpunkt aufgezwungen; Luft für Anderes gab es kaum. 

Ich habe hier versucht, Tagesordnungspunkte für die Zukunft vorzuschlagen, und einer davon ist, über die zukünftige Daseinsberechtigung von drei Rasseverbänden nachzudenken.


Erstveröffentlichung: Highland Cattle Journal, 7/2002, S.146


Anmerkung: 

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2009 und auf der letzten Mitgliederversammlung des VDHC hat der Vorsitzende Falko Steinberg den Vorschlag gemacht, die Sinnhaftigkeit von drei Verbänden zu überdenken. Ich bin gespannt, wo wir in weiteren sieben Jahren stehen werden, wenn es in diesem Tempo weitergeht. S.J.

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