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Achnacloich

Dr. Stephan Janz

Wenn man bald 100 wird, dann ist wohl der 95. Geburtstag kein so ganz bemerkenswertes Ereignis mehr, und so ging denn auch im letzten Jahr das 95. Betriebsjubiläum der ältesten in ununterbrochenem Familienbesitz befindlichen Highland Herde, der Achnacloich Fold von Mrs. Jane Nelson, unbemerkt vorbei.

Achnacloich heißt: "Feld der Steine". Steine und Felsen auf gut 1300 Hektar: Schroffes hügeliges Land mit Klippen und Schluchten unweit der schottischen Westküste gelegen. Was sich dem Auge des durchreisenden Touristen als wilde malerische Hochlandszenerie darbietet, das Gelb der Ginsterblüte im Frühjahr, die Heideblüte und die kahlen Berge im Sommer, die Verfärbung des niedrigen Eichen- und Birkenbewuchses im Herbst, die Nebelschwaden, die atlantischen Regenschauer und Stürme zu allen Jahreszeiten, das ist seit Menschengedenken landwirtschaftlich genutzte Fläche. In der Einsamkeit der Hügellandschaft von Achnocloich legen zahlreiche verfallene Gemäuer Zeugnis davon ab, dass hier einst "crofts", kleine Pachtwirtschaften, bestanden, und wo es Gefälle und Bodenbeschaffenheit erlaubten, sind in generationenlanger mühseliger Arbeit auf kleinen Flächen die Steine gesammelt und zu Wällen aufgesetzt worden. Die crofts sind längst verlassen, die kleinen steinfreien Areale werden nicht mehr beackert und heute zum Teil zur Gewinnung des Winterfutters benutzt. 

Der überwiegende Teil des Geländes aber ist steil und steinig, der Bewuchs besteht aus niedrigen Eichen- und Birkenhölzern, mannshohem Farn, Heide, Binsen und hier und da ein wenig Gras dazwischen. Natürliche Wasserläufe durchziehen das Gelände, von einigen sumpfigen Stellen abgesehen gibt es aufgrund der Bodenbeschaffenheit und des Gefälles aber trotz der hohen Niederschläge im Winter keine Probleme mit stauender Nässe. Waldstücke und enge Täler bieten den auch hier ganzjährig draußen gehaltenen Tieren Schutz vor extremen Witterungsverhältnissen. Achnacloich ist von den natürlichen Gegebenheiten her ein landwirtschaftlicher Betrieb, wie er für das schottische Hochland typisch ist, vergleichsweise noch begünstigt durch eher milde Winter und geringe Höhenlage. Die Landwirtschaft, die hier betrieben wird, ist eine sehr extensive Weidewirtschaft mit Schafen und Rindern. Extensiv heißt, dass man manchmal lange suchen muss, bis man in dem unübersichtlichen Gelände überhaupt Tiere zu Gesicht bekommt.

Die Rinder sind bei dieser Form der Weidewirtschaft nicht nur Zweck, sondern auch Mittel: Ohne dass Rinder den langen, groben Aufwuchs, die Birkenschösslinge, Heide, Binsen und überständige Gräser verbeißen, kommen die Schafe nicht an die feineren Gräser heran. Ohne Vertritt durch Rinder breiten sich Farne buchstäblich flächendeckend aus und lassen eine biologische Wüste ohne verwertbares Nahrungsangebot entstehen. Weidewirtschaft unter diesen Bedingungen ist ein fortwährender Prozess der Landverbesserung und die Kunst des Managements besteht u. a. darin, die richtige Besatzdichte und das richtige Verhältnis von Schafen und Rindern zu wählen. Und natürlich die richtige Rinderrasse, die mit solchen Bedingungen zurecht kommt. Highland Cattle gab es in Achnacloich bereits, als die Familie die Farm 1901 übernahm und weitere Tiere wurden in den folgenden Jahren zugekauft. Die beste Nachzucht wird seit dieser Zeit in Reinzucht gehalten, ein Teil des Bestandes wurde zeitweise mit weißen Shorthorn Bullen gekreuzt. Die Beweidung in dieser Kombination hat das Land im Laufe der Jahrzehnte so verbessert, dass es, wie Mrs. Nelson heute sagt, kaum wieder zu erkennen ist.

Achnacloich ist ein landwirtschaftliches Unternehmen, das sich rechnen muss, keine Hobbyfarm. Ohne die beschriebene Weidewirtschaft ist auf diesem Bergland keine rentable Landwirtschaft möglich und es sind Highland Cattle und die F1-Kreuzungstiere, die für diese Bedingungen in idealer Weise geeignet sind. Nicht wenige Farmer in den Highlands und auf den Inseln sehen den Sinn der Highland Reinzucht darin, dass sie die Bedingung für die genannte Kreuzungszucht ist, und es ist diese Grundüberzeugung von der Brauchbarkeit und dem wirtschaftlichen Nutzen der Rasse Highland unter den gegebenen Bedingungen, die die Nelsons über 90 Jahre lang an der Rasse festhalten ließ.

Dies ist zugleich all die Jahrzehnte hindurch der Maßstab, die züchterische Leitlinie gewesen. Nicht die Orientierung an züchterischen Moden und Konjunkturen, sondern die Orientierung am wirtschaftlichen Nutzen des Bestandes. Fruchtbarkeit, Gesundheit, Anspruchslosigkeit sind die Kriterien, nach denen die Kuhstämme seit vielen Generationen durchgezüchtet sind. Ein Deckbulle muss in der Lage sein, eine 20-30-40-köpfige Herde, die weit auseinandergezogen in unübersichtlichem Gelände mit Hügeln, Schluchten und Waldstücken weidet, in kurzer Zeit tragend zu bekommen - ein lebenslanger Härtetest für die Vitalität des Tieres und die Leistungsfähigkeit des Fundamentes.

Rinderzucht ist ein langwieriges Geschäft, züchterische Fortschritte brauchen Generationen und weitere Generationen vergehen, bis dieser Fortschritt in einem Bestand genetisch stabil verankert ist. Züchterische Sorgfalt in einer weit über 100jährigen Kontinuität, das ist es, was Achnacloich auszeichnet. Schon der Gründungsbestand und die zur Bestandsergänzung in den ersten dreißig Jahren dieses Jahrhunderts zugekauften weiblichen Tiere entstammen alten renommierten Herden, von Southesk, Atholl, Kilberry, Ardanaseig, Canna, Barbreck, Bochastle. Längst vergangene Namen von Herden, deren Besitzer zum großen Teil 1884 zu den Enthusiasten der ersten Stunde, zu den Gründern der Highland Cattle Society und des Highland Cattle Herdbuches gehörten. Kontinuität schließlich auch im Management der Herde vom ersten Herdsman an, der über dreißig Jahre lang Aufbauarbeit leistete, bis zur heutigen Leitung der Herde durch Angus MacGillivray, der vierte Manager in den vergangenen 95 Jahren.

So sehr die Highland-Zucht auf Achnacloich ein Wirtschaftsfaktor ist, so sehr ist sie hier zugleich von Anbeginn an auch Herzenssache. Es gab Zeiten, in denen waren Highland Cattle eine vom Aussterben bedrohte Haustierrasse; es gab Zeiten, in denen wurde sehr ernsthaft über eine generelle Umzüchtung der Rasse zur Verbesserung der Fleischleistung nachgedacht; es gab die Jahre des Booms, in denen Selektion unter Highland-Züchtern ganz klein geschrieben wurde, weil der Exportmarkt alles aufnahm. Highland Cattle waren und blieben stets ein Teil von Achnacloich, ein geschichtliches Erbe, dem man sich auch verpflichtet fühlt.

Achnacloich, nicht erst heute eine der renommiertesten Highland Herden der Welt, hat Tiere in alle Kontinente exportiert. Obwohl das Schauwesen eher eine untergeordnete Rolle spielte, die Schauerfolge der hier gezogenen Tiere füllen Bände. Das Herdbuch für 1994 listet u.a. eine Malda 68th of Achnacloich, eine Banarach Mhor the 73th of Achnacloich, eine Neoinean Og the 134th of Achnacloich und so nimmt es nicht Wunder, wenn es Mrs. Nelson schwer fällt, aus der langen Reihe der hier gezogenen Tiere einen besonderen Liebling, ein besonders einflussreiches, erfolgreiches Tier hervorzuheben. Da gibt es Calum Seoladair of Smaull, ein Bulle, der 1945 bis 1958 bis ins Alter von 17 Jahren hier im Einsatz war und die Herde sehr nachhaltig prägte. Da gibt es den legendären Uallach of Achnacloich, ein Sohn von Calum Seoladair, der 1948 Champion in Oban wurde, einen viele Jahre bestehenden Rekordpreis erzielte und verschiedenen großen Herden besten Nachwuchs hinterließ. Da gab es zahllose Schausieger und weitere Preisrekorde, aber worauf man eigentlich stolz ist in Achnacloich, das sind nicht die Individuen, das sind die Kuhfamilien, durchgezüchtete Mutterlinien, direkte Nachkommen bewährter Gründungstiere. Das sind die Maldas, die Neoineans, die Proiseags, die Princess', die Banarachs. Alle haben sie ihre familiären Besonderheiten und alle tragen sie Achnacloichs Schatz in sich: (Fast) ein Jahrhundert sorgfältiger kontinuierlicher Zuchtarbeit.


Erstveröffentlichung: Highland Cattle Journal, 2/1997, S.88

 

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